Unlängst im Bad
200 x 145 | 2001
Ausgangspunkt für das Gemälde ist das „türkische Bad“
von Jean-Auguste-Dominique Ingres, der an dem Gemälde 12
Jahre gearbeitet hat. Das Bild gelangte zu großer
Berühmtheit, wurde mehrfach kritisiert und
interpretiert. Die Frage nach dem Warum stellt sich.
Ingres war ein Vertreter der „Linie“, die im Gegensatz
zur „Farbe“, die glatte, klare, abgegrenzte und
umrissene Malerei, die keinen Pinselstrich erkennen
lässt, bevorzugt. Seinen Bildern wird Akademismus
attestiert, Ruhe bis hin zur Leblosigkeit, Idealität
statt Realität, durchdachte Komposition statt
Spontaneität.
In Summe das Gegenteil von „unlängst im Bade“,bei
dem das Interesse der Auseinandersetzung mit
künstlerischem Ansatz und dessen Ziel und Umsetzung
gilt. Das Gemälde zeigt impressionistische Anmutung
und expressive Wirkung. Die verwendeten Farben
erinnern an Picassos Demoiselles d’Avignon, eine
weitere Ikone der Kunstgeschichte. Wie etliche
Künstler hat sich auch Picasso mit Ingres
beschäftigt, dessen Bildformen interpretiert und neu
erzählt. Entsprechend ist es auch hier die Intention
ein Kunstwerk im Sinne einer Geschichte zu erzählen
oder weiter zu erzählen. Die Geschichte soll dabei
nicht abgeschlossen sein, sondern offen den
Betrachter anregen sich sein eigenes Bild zu machen.
Ingres Bild ist im runden Format, wobei auch eine
ursprünglich rechteckige Variante existierte; der
Vergleich dieser Varianten ist spannend. Beim Tondo
fügte Ingres Dinge hinzu, die wohl mehr schaden als
nutzen, denn Dynamik wurde durch Rotation verringert
und Dekor beigegeben, das für Verunklärung sorgt.
Ein Aspekt des Gemäldes ist auch die Rückführung von
Ingres Bad zum ursprünglichen Format.
Ein weiterer Aspekt ist die Interpretation und
Darstellung des menschlichen Körpers. Ingres Damen
sind Ideale, entsprechen wohl der Sicht des
Akademieprofessors, der das Aktzeichnen aus dem
Unterricht verbannte und seinen Studenten
griechische Statuen als Vorlage empfahl. Die Dame in
Rückenansicht mit Musikinstrument findet sich in
etlichen Werken Ingres und wird bis heute als
Klischee und Interpretationsobjekt von Künstlern
benutzt.
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